Eine deutsche Space Opera von 2069 bis 2092!

Anno 1987, war der letzte Roman der deutschen SF-Serie MARK BRANDIS im Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau, erschienen. Danach kam nach 31 Bänden und einem Jubiläumsband das "Aus" für diese spannende, anspruchsvolle und intelligente Abenteuerserie, die aus so vielen anderen Serien in diesem Genre herausragte. Ein Grund mehr, das SF-Projekt Revue passieren zu lassen.

1970, ein Jahr nach der ersten Mondlandung, war es dann soweit, als das "Bordbuch Delta VII" das Licht der Verlagswelt erblickte und den Auftakt zu einer der schönsten deutschen Science Fiction-Reihen gab.

Das Mark Brandis Universum

Welcher SF-Fan kennt sie nicht? Den bärenstarken, sibirischen Navigator Lieutenant Stroganow, den harten, einarmigen Direktor John Harris, die grünäugige und rothaarige Ruth 0'Hara, den Zigeuner-Piloten Grischa Romen, den ebenholzschwarzen Bordinigenieur Lieutenant Ibaka und den guten, alten Reporter Martin Seebeck.

Jahrelang konnten wir mitverfolgen, wie Commander Mark Brandis mit der Hermes in den Weiten des Alls zum Uranus unterwegs war, wie er als Testpilot der sabotierten Kolibri- sein Leben aufs Spiel setzte, wie er mit seiner Crew vor Salomon 76 auf der Flucht war, wie er mit der Invictus auf Sinus-Patrouille ging, wie er mit der Explorer die Triton-Passage zum Neptun machte, wie er auf den Raumstationen Pilgrim 2000 und Pandora einen aussichtslosen Kampf fuhrte und wie er tagelang in der Messe seines Raumkreuzers bei einem Becher Kaffee wachgesessen hat, ohne sich auch nur einige Stunden Schlaf zu gönnen.

Metropolis - jene einprägsame, künstliche Hauptstadt der EAAU inmitten des glitzernden Atlantiks. Einprägsam auch die gigantische Weltraumstadt Las Lunas auf dem Mond, die Towns auf derVenus, die Kolonien auf dem Mars und die gigantischen Raumstationen·jenseits des Asteroidengürtels. Unvergesslich werden mir die Feindfahrten der legendären Delta VII-Crew in Erinnerung bleiben, die Treibjagden der Taurus-Zerstörer, die Kreuzer der Epsilon-Klasse, die Duelle mit VOR-Schiffen und Weltraumpiraten, der aussichtslose Wettlauf der Medusa mit den FLOBs, die Himmelfahrtskommandos der UGzRR-Flotte und die in letzter Sekunde gelungene Flucht mit einem verschmorten, SOS-funkenden Dingi... visualisiert durch die phantastischen Bilder des Robert Andre

Das Mark-Brandis-Universum ist ein evolutionäres Gebilde, welches sich in den Jahren 2069 bis 2092 ständig entwickelt hat. Aus dem einst jungen und unerfahrenen Piloten Brandis wird der schlaue Commander Brandis, der unter der Flagge der VEGA, Venus-Erde-Gesellschaft für Astronautik, seine Raumkreuzer lenkt letztendlich sogar zum Leiter der UGzRR, der Unabhängigen Gesellschaft zur Rettung schiffbrüchiger aufsteigt. Der einst draufgängerische und ungestüme Pilot wird in den 23 Jahren der Handlungsspanne zum reifen und weisen Comander, dem es stets gelingt, aus seinen gemischten Gefühlen heraus, den richtigen Weg und die richtige Lösung zu wählen. Wir erleben, wie Mark Brandis die stets ruhige und diplomatische Ruth 0'Hara heiratet und sogar Vater von Mark Junior wird. Auch die Welt rund um Mark Brandis ist ständig in Bewegung; jene Welt, welche in die VOR, die Vereinigten Orientalischen Republiken, und in die EAAU, die Eüropäisch-Amerikanisch-Afrikanische-Union, in der die Einheitssprache Metro gesprochen wird, geteilt ist. Sind in den 60er Jahren des 21. lahrhunderts Raumflüge zum Uranus noch ein jahrelanges Unterfangen, so kann man in den 90er Jahren bereits binnen weniger Monate zum weiter entfernten Pluto reisen. In den Büchern wird in den siebzehn Jahren, in welchen die 32 Bände der Serie entstanden sind, detailgetreu beschrieben, wie die Weltbevölkerung ständig anwächst, wie sich die Großstädte auf der Erde nach und nach entwickeln und wie die Kolonien und Städte auf der Venus und dem Mond unaufhaltsam wachsen.

Die enormen Distanzen im Mark Brandis-Universum werden ständig kleiner und alles rückt näher zusammen, während sich die vom Pioniergeist beflügelten Menschen immer weiter in die Tiefen des Alls hinauswagen. Regelmäßig entstehen neue Raumstationen, die bis an die Grenzen des Sonnensystems rücken, und immer wieder werden neue Typen von Raumschiffen entwickelt, die größer, geräumiger und schneller unterwegs sind.

So ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Crew um Mark Brandis im Lauf der Jahre von ursprünglich vier Besatzungsmitgliedern bis auf das Doppelte anwächst.

Obwohl die vom Autor brilliant entworfene Welt ständig dem Einfluß der permanenten Veränderung unterworfen ist, so daß die 32 Bände ein in sich abgeschlossenes Universum darstellen, kann man ruhigen Gewissens in jeden einzelnen Band der Serie hineinschmökern, ohne Angst haben zu müssen, auf ein aus dem Zusammenhang gerissenes Abenteuer zu treffen.
Gast auf den 10. SF-Tagen 1998

Der Brandenburger, dessen Alter Ego eine Generation von Science Fiction Fans begeisterte und auch prägte. Die meisten Fans werden natürlich wissen, wovon ich schreibe. Nikolai von Michalewsky, besser bekannt als MARK BRANDIS (jetzt hat es bestimmt auch der Letzte verstanden), ist zu Gast auf den 10. Science Fiction Tagen NRW.

Bevor ich hier den Menschen Michalewsky vorstelle, möchte ich noch ein persönliches Wort loswerden. Ich selbst habe im zarten Alter von 10 Jahren in der Jugendbücherei meiner Heimatscholle im Emschertal das BORDBUCH DELTA VII in die damals noch wesentlich feineren Finger bekommen. Heute kaum vorstellbar. (Ich meine das mit den feinen kleinen Fingern, was sonst? Es dauerte wirklich nicht sehr lange und es folgten zahlreiche Mark Brandis Bücher, die samt und sonders verschlungen wurden. Ich werde Grischa Romen, den Sinti, niemals vergessen, wie er auf seiner Mundharmonika spielend in den Unendlichkeiten des Weltalis verschwand. Tja, es gibt immer eine Situation, aus der es kein entkommen gibt. Egal, ob sie jetzt "Kobayashi Maru" oder Elchtest" genannt wird. Mensch, hab ich Sie beschimpft, Herr von Michalewsky, weil Sie den Romen auf so grausame Art und Weise meiner jugendlichen Begeisterung entrissen...
Als hätte unser Ehrengast den Aufschrei in seiner Leserschaft gehört, kam Grischa glücklicherweise in einem der nächsten Bände zurück. Puh, noch mal Glück gehabt.

Aber ich will eigentlich auf etwas anderes hinaus. Was mich schon damals fasziniert hat, war die Mischung der Mannschaft. Russen, Deutsche, Amerikaner, Bantu, Sinti usw. In einer Zeit, in der von Vokabeln wie "multikulturelle Gesellschaft" oder gar "political correctness" noch lange nicht die Rede war, haben Sie es einfach umgesetzt. Dass ich heute als Erzdemokrat und Multi-Kulti-Freak verschrieen bin, sind Sie schuld. Ich bekenne freimütig, u. a. durch Ihre Raumschiffcrew und ihre Abenteuer geprägt worden zu sein. Und dafür danke ich Ihnen. Und ich freue mich sehr, dass Sie bei uns sind und erstmals öffentlich Ihren verdienten Applaus entgegennehmen.
Beluga Post

Nikolai von Michalewsy wurde 1931 in Dahlewitz, Kreis Treptow, geboren und verdiente sich nach dem 2. Weltkrieg zunächst als Hafenarbeiter und Industriepolizist, als Kaffeepflanzer in Belgisch-Kongo und als Taucher im Mittelmeer. Für eine amerikanische Agentur berichtete er über den algerischen Befreiungskrieg.

Obwohl im Verständnis der Vereinten Nationen ein "nur" deutschsprachiger Autor, wurde NvM von der Weltgesundheitsorganisation (WHOJ zum Chronisten ihres weltweiten medizinischen Feldzuges gegen eine der ältesten Geisseln der Menschheit, den Pocken, gemacht. Sieger in Weiss - ein Virus wird gejagt" gilt heute als das Standardwerk zum Thema. NvM arbeitete neben seinem Engagement als Jugendbuch-Autor über eine lange Zeit als Autor, Redakteur und Regisseur für Funk und Fernsehen. Über 600 Radiobeiträge, Dokumentationen über Seefahrt, Fischerei und seine andere grosse Liebe - Russland - kommen da zusammen.
Sein bisheriges Lebenswerk umfasst inzwischen 74 Buchtitel. Science Fiction Freax ist und bleibt er allerdings als der Mann in Erinnerung, der Mark Brandis ist. Sein Kampf gegen Polizeistaat, Militarismus und Terrorismus ist und bleibt hoffentlich noch lange ein Beispiel für gute, spannende und mitreissende SF. Gäbe es heute einen Mark Brandis junior, würde er vielleicht gegen den Lauschangriff und die Entrechtung der Bürger zu Felde ziehen. Wer weiss?
Fortsetzung folgt:
Mark Brandis

"Sie sind meine letzte Hoffnung", schrieb Fredo Müller an den Verlag. "Im Buchhandel und in Antiquariaten, auf Flohmärkten und nun auch noch im Internet suchte ich nach den Büchern der Mark-Brandis-Serie: umsonst. Der Markt ist offenbar leergefegt. Jetzt endlich hätte ich Zeit und Geld, die Leselust meiner Jugend zu komplettieren - können Sie mir helfen? "

Briefe solcher Art sind bei Verlagen selten. Welche Post erhalten sie denn überhaupt? Jedenfalls ganz andere als Zeitungen und Zeitschriften. Es wäre sicher der Mühe - und dann einer neuen Strategie - wert, die Reaktion von Lesern/Käufern bei Buchverlagen zu registrieren und zu analysieren. Dabei geht es um ein weites Feld, nicht bloß um Materialien zu Examensarbeiten, unter deren Nachfragewut Jugendbucnverlage stöhnen.

Mark Brandis könnte ein Schulbeispiel sein. Ab 1970 begann diese Serie zu erscheinen, nachdem der Verlag Herder bereits mit einer namhaften Abenteuer-Reihe (Kranz-Bände "Ubique terrarum") und einer vielbeachteten Western-Reihe (C.S.Hagen "Authentic Western") erfolgreicn geworden war. Jetzt sollte Science Fiction zeitgemäß, anspruchsvoll und von einem deutschen Autor im Sortiment angeboten werden, während eine Heftchen-Serie wie "Perry Rhodan" Woche für Woche von etwa 1 Million Leser verschlungen wurde.

Auf eine erste Unsicherheit in der Ausstattung reagierte der Verlag rasch: der Schweizer Space-art-Maler Robert Andre übernahm die Ausstattung und gab der Serie über 34 Bände hinweg ein einprägsames Gesicht. Zunächst wuchs mit jedem neuen Buch automatisch die Zahl der Leser und Käufer, Bestellzahlen verwandelten sich unverzüglich in sichere Umsätze. Die Leser taten ein Übriges: Der eine verfaßte ein Lexikon aller Personen und Orte, die andere malte ein Raumschiff "Delta VII" mit Einzelheiten, die selbst den Autor erstaunten: aber so hatte er nun einmal dieses technische Wunderwerk beschrieben.

Im Unterschied zu anderen Serienhelden wurde Mark Brandis älter, und besonders aufmerksame Leser konnten zuletzt vermuten, daß demnächst sein Sohn im Cockpit neuer Raumschiffe zu neuen Abenteuern aufbrechen würde. Ein Leser wollte sich mit dem absatzbedingten Auslaufen der Serie nicht abfnden, er schrieb sich selbst eine Fortsetzung.

Die häufigste der Leserfragen war: Wer schreibt diese Bücher? Der Verlag hielt sich an das vereinbarte Stillschweigen, doch ganz so schwer war die Spurensuche nicht. Da gab es einen Autor, der auch Romane, Reportagen und Features schrieb und in dessen Biographie es jeweils hieß: Geboren in der Mark Branbenburg...
Das Börsenblatt (Nr.l8/5.3.1985J lüftete mit Autorenbild das Geheimnis: Nikolai von Michalewsky hatte für den SF-Bereich seines Schreibens dieses Pseudonym gewählt. Als sein 50. Buch erschien, gab er für Freunde, Partner, Gönner einen Empfang in seiner Wohnung, damals in Bremen. Unter den Gästen war auch Louis Ferdinand, Prinz von Preußen und Enkel des letzten deutschen Kaisers, ein Freund der Künste: Er hatte Gedichte des Autors vertont und auf Schloss Hechingen selnen Gästen darbieten lassen. Mit seiner Anwesenheit gab er auch Mark Brandis die Ehre. Da befanden und befinden sich die Leser in guter Gesellschaft!

In allen Büchern dieser "spannenden Jugendliteratur in bester Form" gehe es um das Miteinander der Menschen, meinte Jörg Weigand im Börsenblatt; und außer einem lapidaren "Erzählen" nannte der Autor auf die Frage nach seiner Absicht, er wolle darstellen, "daß das Individuum auch in der Zukunft einer Massengesellschaft seinen Rang behält". Ein Schlüssel dafür, daß die Bücher nach wie vor begehrt sind?

Übrigens, Fredo Müller bekam aus dem Verlagsarchiv die fehlenden Bücher zum Fotokopieren; das ist auch rechtlich in Ordnung, denn die Autoren erhalten über die Verwertungsgesellschaft Wort ein Entgelt. Inzwischen haben es die alten Leser und neue Fans leichter. Ihre drängenden Briefe (um auf den Anfang zurückzukommen) haben Wirkung gezeigt. Eine Taschenbuchausgabe beginnt (bei OMNIBUSJ mit den ersten vier Bänden der Serie neu zu erscheinen, ein Doppelband im Oktober, der Folgeband im März 1998. Fortsetzung folgt: wenn die Käufer wollen.

Leider weiss ich heute nicht mehr von wem der Text stammt. Ich habe damals nur ein paar Aktualisierungen eingefügt. Ärgerlich!

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