Meine allererste Star Trek Geschichte. Wenn ich mich recht erinnere war sie eines Tages einfach da in meinem Kopf.
Als ich aufwachte, hatte ich einen schalen Geschmack im Mund. Ich schluckte ein paar mal um meinen Gaumen wenigstens etwas anzufeuchten. Irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, daß etwas nicht stimmte!
"Sind Sie jetzt wach, Sir?" Eine Stimme, fast direkt an meinem Ohr, riß mich aus meinem umnebelten Zustand. Ich schüttelte mich, um die Watte aus meinem Kopf zu vertreiben.
"Bitte?" fragte ich fast automatisch ins Dunkle.
"Ihr Dienst hat bereits vor wenigen Minuten begonnen, Sir. Leider war es mir bis jetzt nicht möglich, Sie zu wecken."
"Gibt's denn hier kein Licht?" wollte ich wissen, immer noch leicht benommen.
"Sofort, Sir." Grelles Licht flammte auf, blendete meine verquollenen Augen.
Ich zwinkerte mehrfach, rieb mir den "Sand" aus den Augenwinkeln.
Immer noch hatte ich das ungewisse Gefühl, daß hier und mit mir, irgendwas nicht in Ordnung war! Etwas war einfach falsch!
"Wer spricht da überhaupt?" fragte ich, schwang die Beine aus dem Bett und versuchte gleichzeitig endlich dieses blöde schwammige Gefühl aus meinem Kopf zu bekommen. Meine Gedanken schienen total gelähmt.
"Ihre Zimmerpositronik, Sir."
Endlich hatte ich die Augen frei. Als ich mich im "meinem" Zimmer umschaute, war auch mein Kopf mit einem Schlag klar. Glasklar, dachte ich jedenfalls!
Dies war nicht mein Schlafzimmer! Ganz sicher nicht! Der Raum an sich, die Farbe der Wände, das Bettzeug, Bodenbelag. Ja, selbst die Kleidung, die achtlos auf einen Stuhl geworfen war, alles schien mir völlig fremd und doch auch irgendwie seltsam vertraut.
"Scheiße!"
Das muß ein Traum sein, dachte ich. Blöder Traum!
Ein Pochen ließ mich aufschrecken.
"Was ist los?" erklang es dumpf von irgendwo her.
"Wie?" entfuhr es mir. Ich erhob mich und schlüpfte hastig in die Kleidung. Schwarze Stiefel und Hose, roter Pulli, mit seltsamen goldfarbenen Abzeichen.
Ich schüttelte den Kopf.
"Kyle, alles in Ordnung?" Wieder diese dumpfe Stimme aus einem anderen Teil der Kabine.
Endlich hatte ich die Uniform übergestreift und trat in den nächsten Raum.
Ich stutzte. Uniform? Genau! Die Sachen, die ich jetzt trug, das war tatsächlich eine Uniform. Verflucht, wo war ich da hingeraten?
"Kyle, pennst Du etwa noch?"
Ich hatte den an das Schlafzimmer angrenzenden Raum durchschritten und die Türe erreicht. Mit einem sanften Zischen schob sie sich zur Seite. Dahinter erstreckte sich links und rechts ein leicht gekrümmter Gang. Genauso fremdartig und doch vertraut wie alles hier. Im Türrahmen stand eine junge Frau in einem kurzen hellblauen Kleid.
Auch eine Uniform, schoß es mir durch den Kopf.
"Scotty dreht Dir den Hals um, wenn Du nicht voran machst!"
Ich stand wie angewurzelt. Scotty?
Scotty, Uniform, Kyle, Enterprise, schoß es mir mit Warpgeschwindigkeit durch den Kopf. Ich war auf der Enterprise!
"Quatsch!" sagte ich laut.
"Bitte?" fragte die junge Frau und sah mich erstaunt an.
"Ach ..." ich machte eine wage Geste mit der Hand. Sie zuckte mit den hübschen Schultern und setzte sich in Bewegung.
"Kommst Du?" fragte sie.
Mechanisch setzte ich einen Fuß vor den anderen und folgte ihr. Mehrere Leute in verschieden-farbigen Uniformen begegneten uns, liefen, sich leise unterhaltend, an uns vorbei.
ENTERPRISE, dieser Gedanke stand in riesigen Lettern vor meinem inneren Auge. Ich hatte das Gefühl, durch eine dicke Nebelsuppe zu waten. Wußte nicht mal wohin.
Unmöglich!
Also mal ganz ruhig werden, bloß nicht den Kopf verlieren!
Zusammen traten wir durch eine Schiebetür.
"Transporterraum!" sagte die junge Frau.
Ich mußte ziemlich blöde ausgesehen haben, denn sie betrachtete mich forschend.
"Geht's Dir nicht gut? Vielleicht solltest Du mal zu Dr. McCoy gehen!"
"Nein, nein. Alles in Ordnung!"
Ha, in Ordnung! Nichts ist in Ordnung, donnerte es in meinem Schädel. Dr. McCoy, Scotty! Kyle? Unmöglich, Quatsch, NIE!
Der Lift hielt an und wir verließen zusammen die Transportkabine.
Also jetzt mal ganz langsam, versuchte ich innerlich zur Ruhe zu kommen. Ich habe, respektive bin, höchstwahrscheinlich in einem Traum, in dem ich mich auf der Enterprise befinde und gerade mit einer entzückenden jungen Frau über einen der Flure gehe.
Klar, ein Traum! Die Farben, das war doch in den 60er Jahren, gibt's doch heute gar nicht mehr! Ein Traum also!
Aber trotzdem! Irgendwie wurde ich das unbestimmte Gefühl nicht los, daß hier was nicht ganz so einfach wäre, wie ich es mir einzureden versuchte.
Wir erreichten eine weitere Doppelschiebetüre, die sich teilte, als wir uns ihr näherten.
Der Transporterraum! Ich blieb wie angewurzelt stehen. Wie im Fernsehen, dachte ich und ein wehmütiges Gefühl an meine Kindheit kroch in mir hoch.
Und dann, Kyle, klar, Transporterchef!
Ja, die guten alten Enterprisezeiten, damals 1972 und dann wieder 92.
Die junge Frau trat auf eines der Transporterfelder. Schweigend betrachtete sie mich, wartend.
"Na, möchtest Du mich nicht endlich 'rüberbeamen?" fragte sie, leicht ungeduldig.
"Äh, klar!" Ich torkelte zum Steuerpult.
Oh Scheiße, pochte es in meinem Kopf. All diese Schalter, Knöpfe, Skalen! Panik schien über mir zusammenzuschlagen. Schweiß brach mir aus jeder Pore. Ich hatte das Gefühl, mein gesamter Blutkreislauf würde in den Kopf gepumpt und ich würde verglühen.
Ganz ruhig, Ralf! Du bist in einem Traum und in diesem Traum bist du der Transporterchef Kyle! Ich schluckte einmal, atmete tief durch und hatte mich dann wieder einigermaßen unter Kontrolle.
Automatisch glitten meine Finger über die Kontrollelemente. Ohne nach ihrem Ziel zu fragen, gab ich Koordinaten ein und bediente die drei Energiepegel für den Transport. In einem Funkenregen entmaterialisierte sie und ich befand mich allein im Transporterraum.
Mit den Fingerspitzen fuhr ich über die Kante des Kontrollpultes.
Es fühlte sich so verdammt wirklich an! Klar, in einem Traum hat man ja auch das Gefühl das alles echt sei. Aber hier? Ich wurde einfach dieses "falsche" Gefühl nicht los!
Das Schott glitt auf und ein Mann in Rot schritt äußerst energisch auf mich zu.
"Mister Kyle!" donnerte er mich an.
Scotty, schoß es mir durch den Kopf. James Doohan aus den 60ern stand vor mir. Mit zornigem Gesicht fauchte er mich an.
"Mr. Kyle, langsam habe ich die Nase gestrichen voll! Ich war immer davon überzeugt, in Ihnen einen meiner zuverlässigsten Männer zu sehen. Aber was Sie sich seit einer Woche leisten, geht einfach zu weit. Was soll das?"
"Aber Mr. Doohan!?" entfuhr es meinen Lippen.
"Jetzt reicht's! Sie melden sich sofort bei Dr. McCoy! Verstanden, Mr. Kyle?!"
Bei diesem Mr. Kyle trat sein schottischer Akzent besonders deutlich hervor.
Abrupt drehte er sich um und marschierte hinaus. In der offenen Türe drehte er sich noch einmal zu mir um.
"Sofort!" donnerte er ärgerlich und verschwand.
Also, wenn das ein Traum sein soll, dann entwikkelt er sich zu einem Alptraum, dachte ich und machte mich mit einem Schulterzucken auf den Weg. Ich wanderte durch die Gänge, bewegte mich durch diese für mich seltsam vertraute fremdartige Welt, als würde ich dergleichen täglich tun.
"Klar, Mann, machst du ja auch!" sagte ich zu mir selber und stand plötzlich in einem Krankenzimmer. Links ging es zu einem Raum, an dessen Wänden mehrere Diagnoseliegen standen. Vor mir ein Raum mit Sitzecke und einigen Türen.
Niemand war da.
"Hallo, niemand da?" rief ich etwas unsicher.
"Im Büro!" antwortete eine gedämpfte Stimme.
Ja toll, dachte ich. Und wo ist das Büro? Ich trat an eine der Türen. Als sie sich in die Wand schob, blickte ich auf einen Schreibtisch, hinter dem ein blaugekleideter Mann saß. Eine gemütliche Sitzecke und mehrere offene Wandregale und Schränke.
Der Mann blickte auf.
"Ah, Mr. Kyle. Was kann ich für Sie tun?"
Dr. McCoy. Der typische Dr. McCoy, wie ich ihn immer in Raumschiff Enterprise erlebt hatte. Er saß leibhaftig vor mir.
Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, da summte der Intercom.
"Dr. McCoy, hier spricht Chefingenieur Scott."
"Hier McCoy."
"Lieutenant Kyle müßte eigentlich gleich bei Ihnen auftauchen." Der Doktor warf mir einen kurzen Blick zu. "Ja?" fragte er.
"Ich habe ihm befohlen sich bei Ihnen zu melden, damit er sich mal untersuchen läßt. Er scheint nicht in Ordnung zu sein!"
"Wie meinen Sie das, Mr. Scott?"
"Nun, wissen Sie Doktor. Seit ich auf der Enterprise bin, war ich immer auf der Suche nach einem zuverlässigen Transporterchef. Schließlich kann ich nicht jedem meiner Mitarbeiter hinterherrennen, um zu kontrollieren, ob er seine Arbeit auch vernünftig macht und meinen Maschinen nicht schadet, besonders wenn es sich um den Transporter handelt. Kurz gesagt, Lieutenant Kyle schien mir genau der Richtige zu sein."
"Und weiter?" Dr. McCoy warf mir einen aufmerksamen Blick zu.
"Seit einer Woche leidet er an merkwürdigen Konzentrationsstörungen, ist furchtbar unaufmerksam. Manchmal hat man das Gefühl, daß er seine Kollegen nicht mehr kennt. Ja, selbst ich habe ihn einmal auf Korridor 13 getroffen und er machte ganz den Eindruck, als wenn er nicht wüßte wo er wäre und wohin er wollte. War total abwesend. Das macht mir ganz schön Sorgen, Doktor!"
"Kann ich verstehen, Scotty. Ich werde ihn mir einmal anschauen wenn er kommt."
"Danke Doktor!"
Dr. McCoy schaltet den Intercom ab. Er blickte mich aufmerksam an.
"Nun?" fragte er. "Was sagen Sie dazu?" dabei warf er einen kurzen Blick auf den kleinen Sichtschirm.
"Tja...", ich zuckte etwas hilflos mit den Schultern. Sollte ich ihm die ganze verrückte Geschichte erzählen? Aber, würde er mir überhaupt glauben? Konnte ich mir denn noch selber glauben?
Langsam wußte ich nämlich nicht mehr, wer ich nun wirklich war. Ralf Pappers, Student aus Mönchengladbach, im Jahre 1993. Oder Lieutenant Jackson B. Kyle, Transporterchef auf der Enterprise, irgendwann im Jahre 2200 und verdammt weit weg von zu Hause.
"Kommen Sie mit 'rüber ins Labor, Mr.Kyle." Die Stimme McCoys riß mich aus meinen Gedankengängen.
"Schwester Chappel wird ein paar Tests mit Ihnen durchführen und danach sehen wir weiter."
Ich trottete hinter ihm her.
Sollte ich oder sollte ich nicht? Diese Frage beschäftigte mich während der ganzen Zeit, die ich auf der Untersuchungsliege zubrachte und die diversesten Untersuchungen über mich ergehen ließ.
Nach einer kleinen halben Stunde saß ich wieder in Dr. McCoys Büro.
"Tja, Mr.Kyle. Ihre Werte sind alle im Bereich der üblichen Toleranzen, abgesehen von einigen seltsamen Werten ihres Gehirnwellenmusters. Das muß aber nichts Gravierendes bedeuten." Er machte eine wage Handbewegung. "Die werde ich jetzt noch näher untersuchen. Ansonsten sind Sie so gesund wie ein Fisch im Wasser."
"Ach..." entfuhr es mir. Wobei ich gestehen muß, daß mir im Moment wirklich nichts Besseres eingefallen wäre als Ach.
"Sie sind diensttauglich!" Er zog seine berühmte Injektionsspritze aus der Schublade und stellte sich neben mich.
Irgendwie fühlte ich mich halb betäubt, verwirrt, immer knapp an einem Nervenzusammenbruch vorbei.
Die Spritze zischte leise.
"Das wird Ihnen helfen, sich besser zu konzentrieren."
"Danke, Doc!" sagte ich automatisch. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, daß sich die dichte Nebelsuppe in meinem Kopf langsam zu lichten anfing.
"Und was jetzt?" wollte ich wissen und blickte zu ihm auf.
"Sie nehmen Ihren Dienst wieder auf, ich untersuche diese Werte und melde mich dann wieder." Er klappste mir leicht auf die Schulter und setzte sich.
Irgendwie mußte ich wohl einen leicht behämmerten Ausdruck auf dem Gesicht gehabt haben, denn er blickte mich etwas seltsam an.
"Entschuldigen Sie, Dr. McCoy, aber Sie wissen nicht zufällig, wo ich meinen Dienst aufnehmen soll?"
"Computer. Eine Kurzübersicht des Dienstplanes von Lieutenant Kyle!"
"Welche Tag wünschen Sie, Sir?"
"Den Heutigen."
"1.Wache: Transporterraum, Mittagspause, 2.Wache: Brückendienst. Einteilung für Wartungsdienste bei Bedarf", ratterte die Computerstimme.
"Danke!" McCoy schaltete ab, sah mich einen kurzen Moment nachdenklich an und sagte:
"Ich ändere Ihren Dienstplan etwas ab. Sie werden jetzt eine Pause einlegen, bis das kleine Mittelchen gut "durchgezogen" ist und dann Ihre Wache auf der Brücke antreten, klar?"
"Ja, Sir!" Ich stand auf. "Danke Doktor. Mein Kopf fühlt sich schon nicht mehr ganz so mit Watte angefüllt an." Dann war ich auch schon draußen auf dem Gang.
Ziellos wanderte ich umher. In Gedanken wälzte ich mein Problem hin und her. Schließlich gab ich genervt auf. Solange ich keinen klaren Kopf hatte und Zeit und Ruhe fand um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hatte es einfach keinen Sinn mir den Schädel zu spalten um eine Lösung zu finden. Fest stand erst einmal, daß ich nicht träumte. Dazu war alles einfach zu realistisch. Folglich war irgend etwas mit mir geschehen. Entweder ich war tatsächlich Lieutenant Kyle, der an einer rätselhaften Krankheit litt, sich einbildete Ralf zu heißen und aus einer anderen Zeit zu kommen, oder ich war eben wirklich der Typ für den ich mich hielt. Dann war ich, weiß Gott wie, im Körper von Mister Kyle aufgewacht.
Damit mußte ich mich erst einmal abfinden und das Beste draus machen.
...
So, natürlich geht die Story noch weiter, aber wenn Ihr auch den Rest noch lesen möchtest, dann schickt mir doch bitte eine Nachricht.
Liebe Grüße Euer "Searge"